Bahá'u'lláh - Eine Einführung - 5

Weltfrieden

Im Lichte der späteren Ereignisse sind Bahá'u'lláhs Schriften aus dieser Periode mit ihren Warnungen und Aufrufen von einer erregenden Gedankenschärfe:
"O ihr gewählten Vertreter des Volkes in allen Ländern!... Betrachtet die Welt wie einen menschlichen Körper, der bei seiner Erschaffung gesund und vollkommen war, jedoch aus verschiedenen Ursachen von schweren Störungen und Krankheiten befallen wurde. Nicht einen Tag lang wurde ihm Linderung zuteil, nein, seine Krankheit verschlimmerte sich noch, weil er in die Hände unwissender Ärzte fiel, die sich nur von ihren persönlichen Wünschen leiten ließen... Wir sehen ihn an diesem Tage der Willkür von Herrschern ausgeliefert, die so trunken sind von Hochmut, daß sie ihren eigenen Vorteil nicht deutlich klar erkennen können, geschweige denn eine so verblüffende, herausfordernde Offenbarung wie diese..." 98

"Dies ist der Tag, da die Erde ihre Botschaft kundtut. Die Übeltäter sind ihr zur Last, könntet ihr es doch begreifen..." 99

"Der Mensch wurde erschaffen, eine ständig fortschreitende Kultur voranzutragen. Der Allmächtige bezeugt Mir: Wie die Tiere auf dem Felde zu leben, ist des Menschen unwürdig. Die Tugenden, die seiner Würde anstehen, sind Geduld, Erbarmen, Mitleid und Güte für alle Völker und Geschlechter der Erde..." 100

"Neues Leben durchpulst in dieser Zeit alle Völker der Erde, und doch hat niemand seine Ursache entdeckt und seine Triebfeder erkannt. Sieh, wie die Völker des Westens auf ihrer Jagd nach dem, was eitel und belanglos ist, zahllose Leben opfern, um diese Güter zu sichern und zu mehren..." 101

"In allen Dingen ist das rechte Maß zu erstreben. Wird etwas übertrieben, so erweist es sich als Quell des Unheils... Seltsame, verblüffende Dinge gibt es in der Erde; aber sie sind dem Geist und Verständnis der Menschen verborgen. Diese Dinge sind imstande, die ganze Erdatmosphäre zu verwandeln, und eine Verseuchung mit ihnen wäre tödlich..." 102

In späteren Schriften - auch in denen, die an die gesamte Menschheit gerichtet sind - drängt Bahá'u'lláh, Schritte zu ergreifen zu dem, was Er den "Großen Frieden" nennt. Solche Schritte, sagt Er, lindern die Leiden und Erschütterungen, die das Menschengeschlecht so lange heimsuchen werden, bis die Völker der Welt die Offenbarung Gottes annehmen und durch sie den "Größten Frieden" herbeiführen:
"Die Zeit muß kommen, da die gebieterische Notwendigkeit für die Abhaltung einer ausgedehnten, allumfassenden Versammlung der Menschen weltweit erkannt wird. Die Herrscher und Könige der Erde müssen ihr unbedingt beiwohnen, an ihren Beratungen teilnehmen und solche Mittel und Wege erörtern, die den Grund zum Größten Weltfrieden unter den Menschen legen. Ein solcher Friede erfordert es, daß die Großmächte sich um der Ruhe der Völker der Erde willen zu völliger Aussöhnung untereinander entschließen. Sollte ein König die Waffen gegen einen anderen ergreifen, so müssen sich alle vereint erheben und ihn daran hindern. Wenn dies geschieht, werden die Nationen der Welt außer für die Wahrung der Sicherheit ihrer Reiche und die Aufrechterhaltung der inneren Ordnung in ihrem Staatsgebiet keine Waffen mehr brauchen... Der Tag naht, da alle Völker der Welt eine universale Sprache und eine einheitliche Schrift annehmen werden. Wenn dies erreicht ist, wird es für jeden Menschen, in welche Stadt er auch reisen mag, sein, als betrete er sein eigenes Heim... Der ist wirklich ein Mensch, der sich heute dem Dienst am ganzen Menschengeschlecht hingibt... Es rühme sich nicht, wer sein Vaterland liebt, sondern wer die ganze Welt liebt. Die Erde ist nur ein Land, und alle Menschen sind seine Bürger." 103

"Nicht aus eigenem Antrieb"

Bahá'u'lláhs Brief an Náiri'd-Dín Sháh, den Herrscher Persiens, ist frei von jeglichem Vorwurf wegen Seiner Einkerkerung im Síyáh-Chál von Teheran und des sonstigen Unrechts, das der König Ihm zufügte; vielmehr spricht Bahá'u'lláh von Seiner Rolle im Göttlichen Plan:
"Ich war nur ein Mensch wie andere und lag schlafend auf Meinem Lager. Siehe, da wehten die Lüfte des Allherrlichen über Mich hin und lehrten Mich die Erkenntnis all dessen, was war. Dies ist nicht von Mir, sondern von Einem, der allmächtig und allwissend ist. Und Er gebot Mir, Meine Stimme zwischen Erde und Himmel zu erheben, und um dessentwillen befiel Mich, was jedes verständigen Menschen Tränen fließen läßt. Die Gelehrsamkeit der Menschen studierte Ich nicht; ihre Schulen betrat Ich nicht. Frage nach in der Stadt, wo Ich wohnte, und sei dessen wohl versichert, daß Ich nicht zu denen gehöre, die falsch reden." 104

Die Aufgabe, der Er Sein ganzes Leben weihte, die Ihn das Leben eines geliebten Sohnes105 und Seinen gesamten Besitz kostete, die Seine Gesundheit ruinierte und Ihm Kerker, Verbannung und Schmach eintrug, hatte Er nicht selbst begonnen. "Nicht aus eigenem Antrieb", sagte Er, habe Er diesen Pfad beschritten:
"Meinst du, o Volk, es liege in Meiner Macht, Gottes Urwillen und Gottes Absicht zu lenken?... Läge des Gottesglaubens letzte Bestimmung in Meinen Händen, Ich hätte niemals auch nur für einen Augenblick eingewilligt, Mich euch zu offenbaren, noch hätte Ich einem einzigen Wort erlaubt, Meinen Lippen zu entfliehen. Gott selbst ist wahrlich dafür Zeuge." 106

Vorbehaltlos dem Rufe Gottes ergeben, hegte Er keine Zweifel an der Rolle, die Ihm in der Menschheitsgeschichte zugedacht war. Als Gottes Manifestation für das Zeitalter der Vollendung ist Er der in allen heiligen Schriften der Vergangenheit Verheißene, das "Verlangen der Völker", der "König der Herrlichkeit". Er ist der "Herr der Heerscharen", den die Juden erwarten, die Wiederkunft Christi in der Herrlichkeit des Vaters, die "Große Verkündigung", die der Qur'án verheißt, der im Buddhismus erwartete Buddha Maitreya, die in der Bhagavadgita angekündigte neue Fleischwerdung Krishnas, der "Sháh-Bahrám", auf den die Anhänger Zarathustras warten. 107

Wie die Manifestationen Gottes vor Ihm, ist Er Stimme Gottes und zugleich ihr menschlicher Kanal: "Wenn ich, o Gott, über mein Verhältnis zu Dir nachsinne, so fühle ich mich bewogen, allen erschaffenen Dingen zu verkünden: ‚Wahrlich, Ich bin Gott!'; und wenn ich mein eigenes Selbst betrachte, siehe, so finde ich, daß es geringer ist als Staub!" 108

"Einige unter euch", erklärt Er, "haben gesagt: ‚Er hat den Anspruch erhoben, Gott zu sein.' Bei Gott! Das ist eine grobe Verleumdung. Ich bin nur ein Diener Gottes, der an Ihn und Seine Zeichen... glaubt. Meine Zunge, Mein Herz, Mein inneres und äußeres Sein bezeugen, daß es keinen Gott gibt außer Ihm, daß alle anderen durch Seinen Befehl erschaffen... sind... Ich bin Er, der zu allen von den Gunstbezeugungen spricht, mit denen Gott in Seiner Großmut Mich ausgezeichnet hat. Wenn dies Meine Übertretung ist, dann bin Ich wahrlich der erste der Übertreter..." 109

Seine Schriften greifen auf eine Vielzahl von Metaphern zurück, die das Paradoxon im Kern der Offenbarung des göttlichen Willens zu beschreiben suchen:
"Ich bin der königliche Falke auf dem Arm des Allmächtigen. Ich entfalte die matten Flügel jedes verzagten Vogels und helfe ihm, sich aufzuschwingen." 110

"Das hier ist nur ein Blatt, das die Winde des Willens deines Herrn, des Allmächtigen, des Allgepriesenen, bewegt haben. Kann es ruhen, wenn der Sturmwind weht? Nein, bei Ihm, dem Herrn aller Namen und Eigenschaften! Sie bewegen es nach ihrem Belieben..." 111

Der Bund Gottes mit der Menschheit

Im Juni 1877 wurde der strenge Gewahrsam gelockert, so daß Bahá'u'lláh endlich die Gefängnisstadt 'Akká verlassen konnte. Er zog mit Seiner Familie nach Mazra'ih, einem kleinen Anwesen einige Kilometer nördlich der Stadt.112 Wie Er vor Jahren an die Adresse der türkischen Regierung vorhergesagt hatte, war Sulan 'Abdu'l-'Azíz in einer Palastrevolte gestürzt und ermordet worden; der Sturm politischen Wandels, der die Welt erfaßt hatte, erreichte auch die abgedichteten Grenzen des Osmanischen Reiches. Nach zweijährigem Aufenthalt in Mazra'ih zog Bahá'u'lláh um nach Bahjí, einem großen, von Gärten umgebenen Landsitz, den Sein Sohn 'Abdu'l-Bahá für Ihn und die Mitglieder Seiner großen Familie gemietet hatte. 113 Die verbleibenden zwölf Jahre Seines Lebens waren weiteren Schriften gewidmet, in denen Er sich zu Fragen des spirituellen und gesellschaftlichen Lebens äußerte; daneben empfing Er einen steten Strom von Bahá'í-Pilgern, die unter großen Schwierigkeiten aus Persien und aus anderen Ländern anreisten.

Überall im Nahen und Mittleren Osten bildeten sich unter denen, die sich zu Bahá'u'lláhs Botschaft bekannten, lebendige Gemeinden heraus. Für diese hatte Bahá'u'lláh Gesetze und Institutionen offenbart, die darauf zielten, die Grundsätze Seiner Schriften in die Praxis umzusetzen. 114 Die Amtsgewalt ist Räten anvertraut, die von der ganzen Gemeinde demokratisch gewählt werden; Vorkehrungen sind getroffen, daß sich keine klerikale Elite herausbildet; Grundsätze der Beratung und der kollektiven Entscheidungsfindung sind fest verankert.

Im Zentrum dieses Systems steht, was Bahá'u'llah den "neuen Bund" zwischen Gott und der Menschheit nennt. Der Reifezustand der Menschheit findet seinen augenfälligen Ausdruck darin, daß erstmals in der Geschichte, wenn auch noch verschwommen, das ganze Menschengeschlecht um seine Einheit weiß und erkennt, daß die Erde ein einziges Vaterland ist. Dieses Wissen ebnet den Weg für ein neues Verhältnis zwischen Gott und der Menschheit. In dem Maße, wie sich die Völker der Welt der geistigen Autorität der Gottesoffenbarung für unser Zeitalter unterstellen und sich von ihr führen lassen, werden sie - so Bahá'u'lláh - eine sittliche Kraft in sich finden, die rein menschliches Streben nicht erzeugen kann. "Ein neues Menschengeschlecht" 115 wird aus diesem Verhältnis entstehen. Der Aufbau einer Weltkultur wird beginnen. Es ist der Auftrag der Bahá'í-Gemeinde zu zeigen, daß dieser Gottesbund die Krankheiten zu heilen vermag, welche das Menschengeschlecht spalten.

Bahá'u'lláh starb am 29. Mai 1892 im 75. Lebensjahr in Bahjí. Die Ihm vierzig Jahre zuvor im "Schwarzen Loch" von Teheran anvertraute Sache Gottes stand im Begriff, die Begrenzung auf die islamischen Länder, in denen sie Gestalt angenommen hatte, zu sprengen und sich zuerst in Amerika und Europa, dann in der ganzen Welt zu etablieren, als Bekräftigung der Verheißung des neuen Bundes zwischen Gott und der Menschheit. Als einzige der Weltreligionen sollte die Gemeinde Bahá'u'lláhs das kritische erste Jahrhundert ihrer Geschichte erfolgreich durchmessen, ohne ihre Einheit zu verlieren und dem zu allen Zeiten wirksamen Gift der Spaltung und der Sektenbildung zum Opfer zu fallen. Gerade diese Erfahrung ist von überzeugender Beweiskraft für Bahá'u'lláhs Versicherung, daß die Menschheit in all ihrer bunten Vielfalt es lernen kann, als ein Volk in einem gemeinsamen, weltumspannenden Vaterland zu leben und zu wirken.

Etwa zwei Jahre vor Seinem Tod empfing Bahá'u'lláh in Bahjí Edward Granville Browne, einen der wenigen Menschen aus dem Westen, die Ihm je begegneten, der einzige, der einen schriftlichen Bericht über seine Eindrücke hinterlassen hat. Browne war ein vielversprechender junger Orientalist von der Universität Cambridge, der ursprünglich von der dramatischen Geschichte des Báb und Seiner heldenhaften Jünger gefesselt worden war. Er schreibt über seine Begegnung mit Bahá'u'lláh:
"Obgleich ich ahnte, wohin ich ging und wen ich sehen sollte (denn es war mir kein genauer Hinweis gegeben worden), vergingen eine oder zwei Sekunden, ehe ich mir in einem Augenblick ehrfürchtiger Verwunderung wirklich klar wurde, daß ich nicht allein im Zimmer war. In der Ecke, wo der Diwan an die Wand stieß, saß eine wundersame, ehrfurchtgebietende Gestalt... Das Antlitz dessen, den ich erblickte, kann ich nie vergessen, und doch vermag ich es nicht zu beschreiben. Diese durchdringenden Augen schienen auf dem Grund der Seele zu lesen; Macht und Autorität lagen auf dieser hohen Stirn... Hier bedurfte es keiner Frage mehr, vor wem ich stand, als ich mich vor einem Manne neigte, der Gegenstand einer Verehrung und Liebe ist, um die ihn Könige beneiden und nach der Kaiser sich vergeblich sehnen! Eine milde, würdige Stimme bat mich, Platz zu nehmen, und fuhr dann fort: ‚Preis sei Gott, daß du angelangt bist!... Du bist gekommen, einen Gefangenen und Verbannten zu sehen... Wir wünschen nur das Gute dieser Welt und das Glück der Völker; und doch betrachten sie Uns als Aufrührer und Unheilstifter, der Gefängnis und Verbannung verdient... Daß alle Völker eins im Glauben und alle Menschen wie Brüder werden sollen; daß die Bande der Zuneigung und Einheit zwischen den Menschenkindern verstärkt werden sollen; daß der Religionsstreit aufhören und die Rassenunterschiede beseitigt werden sollen - was könnte das schaden?... Und es wird so kommen. Diese nutzlosen Kämpfe, diese zerstörerischen Kriege werden vergehen, und der ›Größte Friede‹ wird kommen...'" 116

Literatur

Schriften Bahá'u'lláhs

 Ährenlese. Eine Auswahl aus den Schriften Bahá'u'lláhs, zusammengestellt und ins Englische übertragen von Shoghi Effendi, Hofheim 31980 (revidierte Neuausgabe in Vorbereitung)

 Botschaften aus 'Akká, Hofheim 1982

 Brief an den Sohn des Wolfes, Frankfurt 1966

 Das Buch der Gewißheit, Hofheim 41997 (die Seitenzahlen in Klammer beziehen sich auf die 3. Auflage, Hofheim 1978)

 The Kitáb-i-Aqdas, The Most Holy Book, Haifa 1992 (deutsche Übersetzung in Vorbereitung)

 Die Sieben Täler - Die Vier Täler, Hofheim 41997 (die Seitenzahlen in Klammer beziehen sich auf die 3. Auflage, Hofheim 1971)

 Die Verkündigung Bahá'u'lláhs an die Könige und Herrscher der Welt. Eine Auswahl durch das Universale Haus der Gerechtigkeit, Frankfurt 1967

 Die Verborgenen Worte, Hofheim 1997

Sekundärliteratur

Balyuzi, H.M.: Bahá'u'lláh. Der Herr der Herrlichkeit, Hofheim 1991
Taherzadeh, Adib: Die Offenbarung Bahá'u'lláhs, vier Bände, Hofheim 1981,
1987, 1992 und 1995

Fussnoten

1
 Bahá'u'lláh (arab. "Herrlichkeit Gottes") hatte den Geburtsnamen usayn-'Alí. Das Standardwerk über die Sendungen des Báb und Bahá'u'lláhs ist: Shoghi Effendi, Gott geht vorüber, Frankfurt 21974 (veränderte Neuauflage in Vorbereitung). Eine biographische Studie bietet Hasan Balyuzi, Bahá'u'lláh, Der Herr der Herrlichkeit, Hofheim 1991. Bahá'u'lláhs Schriften werden eingehend dargestellt in Adib Taherzadeh, Die Offenbarung Bahá'u'lláhs, 4 Bde., Hofheim 1981ff.
2
 Nach Auskunft des Britannica Yearbook 1988 zählt die Bahá'í-Gemeinde zwar nur etwa fünf Millionen Mitglieder, ist aber nach dem Christentum bereits die geographisch am weitesten verbreitete Religion in der Welt. Derzeit gibt es 174 nationale und über 20.000 örtliche Gemeinden. Geschätzte 2.112 Völkerschaften und Stämme sind in der Bahá'í-Gemeinde vertreten.
3
 Arnold Toynbee, A Study of History, Bd. 8, London/Oxford 1954, S. 117
4
 Der Báb (arab. "Tor" oder "Portal") wurde als Siyyid 'Alí-Muammad am 20. Oktober 1819 in Schiras geboren.
5
 Die Schriften des Báb über das Kommen "Dessen, den Gott offenbaren wird", enthalten verschlüsselte Hinweise auf "das Jahr neun" und "das Jahr neunzehn" (d.h. nach dem islamischen Mondkalender vom Beginn der Sendung des Báb 1844 an ungefähr 1852 und 1863). Bei mehreren Gelegenheiten bedeutete der Báb einzelnen Anhängern, sie selbst würden "Ihn, den Gott offenbaren wird", erkennen und Ihm dienen.
6
 Die Botschaft des Báb wurde in den Moscheen und auf öffentlichen Plätzen von Gruppen begeisterter Anhänger verkündet, darunter viele junge Theologiestudenten. Die muslimische Geistlichkeit reagierte, indem sie den Mob aufstachelte. Unglückseligerweise fielen diese Geschehnisse mit einer politischen Krise durch den Tod von Muammad Sháh und den Kampf um dessen Nachfolge zusammen. Dabei ließen die Anführer der siegreichen Partei, die hinter dem jugendlichen Náiri'd-Dín Sháh standen, die königliche Armee gegen die begeisterten Bábí aufmarschieren. Diese waren im muslimischen Denken aufgewachsen und nahmen deshalb für sich das Recht zur Selbstverteidigung in Anspruch; sie verschanzten sich behelfsmäßig und widerstanden langen, blutigen Belagerungen. Schließlich wurden sie besiegt und niedergemetzelt; der Báb wurde hingerichtet. Unter dem Eindruck dieser Ereignisse lauerten zwei geistig verwirrte jugendliche Bábí dem Schah auf offener Straße auf und schossen mit Schrotkugeln auf ihn. Dieser schlecht geplante Attentatsversuch diente als Vorwand zu den schlimmsten Massakern an den Bábí, was auch Proteste der westlichen Botschaften auslöste. Darstellungen dieses Zeitabschnitts bieten Shoghi Effendi, Gott geht vorüber, Kap. 3f, sowie W. Hatcher and D. Martin, The Bahá'í Faith, The Emerging Global Religion, San Francisco 1985, S. 6-32.
7
 Ein Bericht darüber findet sich bei Shoghi Effendi, Gott geht vorüber, Kapitel 1-5. Das westliche Interesse an der Bábí-Bewegung wurde vor allem durch das Buch von Joseph Arthur Comte de Gobineau, Les religions et les philosophies dans l'Asie centrale, Paris 1865, geweckt.
8
 Bahá'u'lláh, Brief an den Sohn des Wolfes, S. 34
9
 Eine ganze Anzahl westlicher Diplomaten und Militärbeobachter hinterließ erschütternde Augenzeugenberichte. Mehrere formelle Proteste wurden bei den persischen Behörden registriert. Siehe Moojan Momen, The Bábí and Bahá'í Religions 1844-1944, Oxford 1981
10
 Brief an den Sohn des Wolfes, S. 34
11
 Brief an den Sohn des Wolfes, S. 35
12
 In Persien herrschte, verständlicherweise, tiefes Mißtrauen gegen die Absichten der britischen und der russischen Regierung, die sich beide schon lange in die persischen Angelegenheiten einmischten.
13
 Im Zentrum dieser Probleme stand Mírzá Yayá, ein jüngerer Halbbruder Bahá'u'lláhs. Noch als Jugendlicher unter der Vormundschaft und geistigen Führung Bahá'u'lláhs stehend, war er vom Báb für die Zeit bis zum bevorstehenden Kommen "Dessen, den Gott offenbaren wird", zum nominellen Oberhaupt der Bábí-Gemeinde ernannt worden. Yayá geriet jedoch unter den Einfluß eines früheren islamischen Theologen, Siyyid Muammad Ifahání, und wurde seinem Bruder entfremdet. Statt in offener Konfrontation, brach sich dieser Groll Bahn in heimlicher Aufwiegelung mit verheerenden Auswirkungen auf die bereits angeschlagene Moral der Verbannten. Yayá weigerte sich schließlich, Bahá'u'lláhs Anspruch, Er sei der vom Báb Verheißene, anzunehmen; in der folgenden Entwicklung des Bahá'í-Glaubens spielte er dann keine Rolle mehr.
14
 Bahá'u'lláh, Das Buch der Gewißheit, Kitáb-i-Íqán 278 (S. 165)
15
 Bahá'u'lláh, Die verborgenen Worte, arabisch 2, 5, 35, 12
16
 Bahá'u'lláh, Das Buch der Gewißheit 1-3, 216-219 (S. 13 f, 131 ff)
17
 zitiert bei Shoghi Effendi, Gott geht vorüber 8:23 (S. 156)
18
 Prinz Zaynu'l-'Ábidín Khán Fakhru'd-Dawlih, zitiert bei Shoghi Effendi, Gott geht vorüber 8:17 (S. 153)
19
 siehe Fußnote 72
20
 Gott geht vorüber 9:6 (S. 174). Von 1863 an ersetzte das Wort "Bahá'í" zunehmend das Wort "Bábí" als Bezeichnung des neuen Glaubens; so wurde deutlich, daß eine völlig neue Religion entstanden war.
21
 zitiert bei Shoghi Effendi, Das Kommen göttlicher Gerechtigkeit, Frankfurt
1969, S. 121
22
 Ährenlese 7:1
23
 Ährenlese 136:6
24
 Ährenlese 156
25
 Ährenlese 5:3
26
 Ährenlese 5:4
27
 Hinweise auf die erste Aussage finden sich bei Adib Taherzadeh, Die Offenbarung Bahá'u'lláhs, Band 1, S. 329, siehe auch Brief an den Sohn des Wolfes, S. 77; zur zweiten siehe Bahá'u'lláh, Botschaften aus 'Akká 3:8
28
 Shoghi Effendi, Gott geht vorüber, schildert diese Ereignisse im Kapitel 8
29
 Ährenlese 1:5
30
 Buch der Gewißheit 104 (S. 71); Ährenlese 19:1
31
 Buch der Gewißheit, 106 (S. 72); Ährenlese 19:2
32
 Buch der Gewißheit, 106 (S. 72 f); Ährenlese 19:3
33
 Buch der Gewißheit, 110 (S. 75); Ährenlese 19:4
34
 Ährenlese 24
35
 die Boten Gottes
36
 Ährenlese 27:4
37
 Gott
38
 Ährenlese 27:2-3
39
 Bahá'u'lláh, zitiert bei Shoghi Effendi, Das Kommen göttlicher
Gerechtigkeit, S. 124
40
 Ährenlese 70:2
41
 Ährenlese 34:6
42
 Ährenlese 83:1
43
 Ährenlese 154: 1
44
 Eine ausführliche Darlegung dieses Themas findet sich bei 'Abdu'l-Bahá, Beantwortete Fragen, Hofheim 31977, IV. Teil
45
 Beispiele in den Worten Jesu sind: "Was heißest du mich gut? Niemand ist gut denn der einige Gott" (Matth. 19:17) sowie "Ich und der Vater sind eins"
(Joh. 10:30).
46
 Ährenlese 90
47
 Muammad
48
 Qur'án 18:111; 19:31; 41:7
49
 Buch der Gewißheit 161, 191, 194, 196 (S. 104 ff); Ährenlese 22:2,4,7,8
50
 Buch der Gewißheit 198 (S. 122); Ährenlese 22:10
51
 Joh. 1:10
52
 Bahá'u'lláh, Ährenlese 74
53
 Persischer Bayán, in : Der Báb, Eine Auswahl aus Seinen Schriften, Hofheim 1991, 3:34:1
54
 Bahá'u'lláh, Ährenlese 31. In den Bahá'í-Schriften wird "Adam" symbolisch in zweierlei Sinn gebraucht. Einmal bezieht sich dieser Begriff auf die Entstehung des Menschengeschlechts, zum andern auf die erste Manifestation Gottes.
55
 Ährenlese 106:2
56
 Ährenlese 78:3, Zitat aus Qur'án 40:17
57
 Bahá'u'lláh beschreibt in Die sieben Täler das "Tal des Suchens" und führt dazu aus: "Fürwahr, wenn die Weisen auch sagen, es zieme sich nicht, den Herrn der Herren im Staub zu suchen, so zeugt solch ein Tun doch vom heißesten Verlangen des Suchens." (S. 19 [31])
58
 Súratu'l-abr, zitiert nach Shoghi Effendi, Die Weltordnung Bahá'u'lláhs, Hofheim 1977, S. 177
59
 Bahá'u'lláh, Die sieben Täler S. 15 ( 27)
60
 Bahá'u'lláh, Ährenlese 107
61
 Bahá'u'lláh, Ährenlese 131:2
62
 Ährenlese 1:5
63
 Joh. 10:16
64
 Mehr zu den Lehren Bahá'u'lláhs über den Reifeprozeß des Menschengeschlechts bei Shoghi Effendi, Die Weltordnung Bahá'u'lláhs, S. 231 ff und 294 ff
65
 Bahá'u'lláh, Ährenlese 111
66
 Botschaften aus 'Akká 11:6
67
 Ährenlese 43:6
68
 Botschaften aus 'Akká 11:6
69
 Bahá'u'lláh, Ährenlese 4
70
 Botschaften aus 'Akká 6:26
71
 Frauen, Eine Textzusammenstellung der Forschungsabteilung des Universalen Hauses der Gerechtigkeit, Hofheim 1986, S. 54
72
 Ein Zusammentreffen ungewöhnlicher Umstände hatte bei den Zentralbehörden in Konstantinopel Wohlwollen gegenüber Bahá'u'lláh und Widerstand gegen den Druck der persischen Regierung bewirkt. Der Gouverneur von Bagdad, Namíq Páshá, hatte über den Charakter und den Einfluß des vornehmen persischen Verbannten begeistert in die Hauptstadt berichtet. Sulán 'Abdu'l-'Azíz fand die Berichte faszinierend; denn obwohl er Kalif des sunnitischen Islam war, betrachtete er sich als mystischen Sucher. Genauso wichtig war auf andere Weise die Reaktion seines Premierministers 'Alí Páshá. Dieser war ein gebildeter Freund der persischen Sprache und Dichtung und versuchte sich in der Modernisierung der türkischen Verwaltung; Bahá'u'lláh erschien ihm deshalb als eine äußerst sympathische Gestalt. Zweifellos war es dieses Zusammentreffen von Sympathie und Interesse, das die osmanische Regierung veranlaßte, Bahá'u'lláh in die Hauptstadt einzuladen und Ihn nicht in eine weiter entlegene Stadt zu schicken oder Ihn den persischen Behörden auszuliefern, wie diese es dringend verlangten.
73
 Der volle Wortlaut des Berichts des österreichischen Botschafters, Anton Graf Prokesch von Osten, in einem Brief an Graf Gobineau vom 10. Januar 1886 findet sich bei Moojan Momen, The Bábí and Bahá'í Religions, S. 186. Siehe auch Kent Beveridge, "Ein würdiger Repräsentant Europas": Anton Graf Prokesch von Osten, in: ders., Frühe Begegnungen Mitteleuropas mit der Bahá'í- Geschichte, Schriftenreihe der Gesellschaft für Bahá'í-Studien, Bd. 1, Hofheim 1995, S. 9-32.
74
 siehe Adib Taherzadeh, Die Offenbarung Bahá'u'lláhs, Band 2, S. 475 ff
75
 1863
76
 Botschaften aus 'Akká 2:15
77
 Ährenlese 105:1,5,6
78
 Ährenlese 118:5,7
79
 Ährenlese 118:6
80
 Die Ereignisse jener Zeit schildert Adib Taherzadeh, Die Offenbarung Bahá'u'lláhs, Bd. 2, besonders S. 357f und 397
81
 Diese Zeit beschreibt Shoghi Effendi, Gott geht vorüber, Kap. 11
82
 Mitte des 19. Jahrhunderts entstand im pietistischen Umfeld Württembergs die Templergesellschaft, der es schließlich unter der Führung von Christoph Hoffmann und Georg David Hardegg gelang, im Heiligen Land Kolonien zu schaffen, die den Weg für Christi Wiederkehr ebnen sollten. Die erste Gruppe verließ Deutschland am 6. August 1868 und landete in Haifa am 30. Oktober 1868, zwei Monate nach Bahá'u'lláhs Ankunft.
83
 Eine Beschreibung der katastrophalen Zustände in der europäischen Türkei während des Russisch-Türkischen Krieges von 1877/1878 findet sich bei H. M. Balyuzi, Bahá'u'lláh. Der Herr der Herrlichkeit, Anhang III, S. 528 ff
84
 Bahá'u'lláh, Brief an den Sohn des Wolfes, S. 57
85
 Alistair Horne, The Fall of Paris, London 1965, S. 34
86
 Bahá'u'lláh, Die Verkündigung Bahá'u'lláhs, S. 96 ff
87
 vgl. Shoghi Effendi, Der verheißene Tag ist gekommen, Frankfurt 1967, S.
66
88
 vgl. Shoghi Effendi, Der verheißene Tag ist gekommen, S. 64 ff
89
 Bahá'u'lláh, Kitáb-i-Aqdas 88
90
 vgl. Ährenlese 95:1
91
 Brief an den Sohn des Wolfes, S. 28
92
 Bahá'u'lláh, Das Buch der Gewißheit 15
93
 zitiert bei Shoghi Effendi, Der verheißene Tag ist gekommen, S. 131
94
 dgl., S. 128
95
 Brief an den Sohn des Wolfes, S. 94
96
 Bahá'u'lláh, zit. bei Shoghi Effendi, Der verheißene Tag ist gekommen, S.
168
97
 Bahá'u'lláh, Ährenlese 99
98
 Ährenlese 120:1,2
99
 Ährenlese 17:2
100
 Ährenlese 109:2
101
 Ährenlese 96:2
102
 Botschaften aus 'Akká 6:31,32
103
 Botschaften aus 'Akká 11:8,10,13
104
 Brief an den Sohn des Wolfes, S. 26 ff. Der Satz "Nicht aus eigenem Antrieb habe Ich von Mir gekündet" stammt aus demselben Abschnitt des Buches.
105
 Bahá'u'lláhs Sohn Mírzá Mihdí starb 1870 im Alter von zweiundzwanzig Jahren an den Folgen eines Sturzes vom Dach des Gefängnisses.
106
 Bahá'u'lláh, Ährenlese 41
107
 vgl. Shoghi Effendi, Gott geht vorüber 6:10 ff (S. 104 ff)
108
 zitiert bei Shoghi Effendi, Die Weltordnung Bahá'u'lláhs, S. 172
109
 Ährenlese 113:18
110
 Botschaften aus 'Akká 11:20
111
 Brief an den Sohn des Wolfes, S. 27
112
 Der Verbannungserlaß des Sulans 'Abdu'l-'Azíz wurde zwar nie formell aufgehoben; die zuständigen Behörden sahen sich aber nicht mehr daran gebunden. Sie ließen deshalb wissen, Bahá'u'lláh könne Seinen Wohnsitz außerhalb der Stadtmauern nehmen, wenn Er dies wünsche.
113
 Dieser Landsitz war von einem wohlhabenden christlich-arabischen Kaufmann erbaut, aber aufgegeben worden, als im Land eine Seuche umging. Er wurde zuerst gemietet, dann einige Jahre nach Bahá'u'lláhs Hinscheiden von der Bahá'í-Gemeinde gekauft. Bahá'u'lláhs Grab befindet sich in einem Schrein in den Gärten von Bahjí und ist das Ziel von Pilgerreisen aus der ganzen Welt.
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 Einen Überblick dieser Struktur bietet Shoghi Effendi in: Die Weltordnung Bahá'u'lláhs, S. 204 ff, und: Principles of Bahá'í Administration, London 1973. Eine kommentierte deutsche Übersetzung des zentralen Dokuments dieser Schriften, des Kitáb-i-Aqdas (des "Heiligsten Buches") ist in Vorbereitung.
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 Shoghi Effendi, Das Kommen göttlicher Gerechtigkeit, S. 30
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 Edward G. Browne, A Traveller's Narrative, Cambridge 1891, repr. Amsterdam 1975, S. xxxix ff

Zur Verfügung gestellt vom Nationalen Geistigen Rat der Bahá'í-Gemeinde in Österreich
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