Häufig gestellte Fragen

Wie feiern Bahá’í Gottesdienst?

Im Mittelpunkt des Bahá’í-Gemeindelebens steht das 19-Tage-Fest, welches die Gemeinde alle 19 Tage - immer zu Beginn eines neues Bahá’í-Monats - zusammen feiert. Ein 19-Tage-Fest besteht immer aus drei Teilen, welche alle Aspekte menschlichen Seins berühren sollen. Andacht, Beratung und Geselligkeit dienen dem Verstand, dem Herzen und der Seele.

Die Andacht wird von der Gemeinde gemeinsam gestaltet, da die Bahá’í-Religion kein Priestertum kennt und niemand zur Auslegung der Heiligen Schriften gegenüber anderen berechtigt ist. Es wird deshalb gemeinsam aus den Schriften gelesen, gebetet und gesungen.

Während der Beratung stehen interne Angelegenheiten der Gemeinde im Mittelpunkt.

Der gesellige Teil bietet den Gläubigen Gelegenheit Freundschaften zu pflegen und sich bei Tee oder einer kleinen Mahlzeit zu unterhalten und auszutauschen.

Gibt es feste Rituale z.B. die Taufe?

Es gibt keine regelmäßig durchzuführenden Rituale. Ein Taufritual gibt es nicht. Lediglich das Totengebet darf als gemeinsames Gebet gesprochen werden. Eine Trauung gestaltet ein Brautpaar nach eigenen Vorstellungen. Nur ein gemeinsam gesprochener Satz ist für sie vorgeschrieben: "Wahrlich, wir wollen alle an Gottes Willen festhalten".

Welche Pflichten hat ein Bahá’í?

Jeder Bahá’í soll täglich Pflichtgebet sprechen. Er hat dabei die Wahl zwischen drei unterschiedlich langen Gebeten. Zwei sind mit genau festgelegten Waschungen und Gebetshaltungen verbunden.

Im Sinne der selbstständigen Wahrheitssuche soll jeder Bahá’í morgens und abends in den Schriften lesen.

Bahá’í sein bedeutet auch, sich zu bemühen, stets ein Vorbild zu sein. Im Umgang mit seiner Umwelt und seinen Mitmenschen soll ein Bahá’í die Wertvorstellungen seines Glauben leben und verkörpern. Dazu gehört gelebte Hilfsbereitschaft, das Ablegen von Vorurteilen, das Vermeiden übler Nachrede, Rechtschaffenheit bei allen Verrichtungen des Alltags und des Berufes, der den Stellenwert des Gottesdienstes hat. Weiterhin zu nennen sind Reinheit und Hygiene, sowie friedlicher und respektvoller Umgang mit den Mitmenschen und gegen Niemanden die Hand oder die Stimme zu erheben.

Im Gegensatz zur jederzeit möglichen freiwilligen Spende, deren Höhe nie festgelegt ist, gibt auch noch die Pflicht der Huqúqu’lláh. Darunter versteht man die heilige Pflicht den 19. Teil seines reinen Gewinns, also des Vermögenszuwachses zu spenden. Dieser Pflicht kann nur jener Bahá’í nachkommen, welcher bereits über ausreichendes Einkommen und Vermögen verfügt und keinerlei Schulden hat.

Gibt es eine Fastenzeit?

Einmal im Jahr fasten die Bahá’í, und zwar an den 19 Tagen des Monats ‘Alá (Erhabenheit) in der gemäßigten Jahreszeit vom 2. bis 20. März. Beim Bahá’í-Fasten wird zwischen Sonnenaufgang und –untergang weder gegessen noch getrunken. Während der Abend- und Morgenstunden sollte jedoch auf eine ausreichende und ausgewogene Ernährung geachtet werden.

Der Fastenmonat stellt für die Bahá’í eine mit besonderen geistigen Kräften versehene Zeit dar. Familien und Freunde nutzen die Gelegenheit zur gemeinsamen Andacht. Viele empfinden das Fasten als hilfreich, um schädliche Gewohnheiten abzulegen. Andere nutzen den besinnlichen Charakter dieser Zeit, um sich ganz bewusst persönlichen Herausforderungen zu widmen.

Vom Fasten befreit sind Kranke, Kinder unter 15 Jahren, Ältere über 70, Schwangere und stillende Mütter sowie körperlich schwer arbeitende Personen und jene, die sich auf einer Reise befinden.

Wie finanziert sich die Gemeinde?

Die Bahá’í finanzieren ihre Projekte und Aktivitäten ausschließlich durch freiwillige Spenden ihrer Mitglieder. Ob und wie viel jeder spendet, bleibt ihm selbst überlassen. Jede Form von Zwang widerspricht dem Grundsatz des Spendens und ist damit ausgeschlossen. Spenden ist ein Privileg der Mitglieder, deshalb werden öffentliche oder private Spenden von anderen an soziale Projekte weitergeleitet.

Wie entstand die eigene Zeitrechnung der Bahai?

Die Geschichte zeigt, dass von jeder Weltreligion Impulse für strukturelle Gesellschaftliche Veränderungen ausgingen. So entstammen die meisten Kalendersysteme religiösen Zusammenhängen. Im jüdischen Kalender bildet die biblische Schöpfungsgeschichte den Anfang, im gregorianischen Kalender die Geburt Jesu und im islamischen Kalender die Flucht Muhammads von Mekka nach Medina.

Die Bahá’í-Zeitrechnung beginnt mit dem Naw Rúz-Tag (Bahá'í-Neujahr) des Jahres 1844, in dem der Báb, der Vorläufer Bahá’u’lláhs, erstmals Seine Botschaft verkündete. Der Bahá’í-Kalender basiert auf dem Sonnenjahr mit 365 Tagen und umfasst 19 Monate mit je 19 Tagen. Um das Jahr auf 365 Tage zu vervollständigen, werden zwischen dem 18. und 19. Monat vier (im Schaltjahr fünf) Tage eingeschoben. Diese werden „Ayyám-í-Há“ genannten und gelten als Tage der Gastlichkeit sowie des Frohsinns. An diesen Tagen sollen soziale Projekte gestartet werden.

Wie wird man Bahá’í?

Die Aufnahme in die Bahá’í-Gemeinde wird ohne Zeremonien oder Rituale vollzogen. Voraussetzung ist, dass ein Mensch Bahá’u’lláh als den Gottesboten für die heutige Zeit anerkennt. Das Reifealter von 15 Jahren sowie der freie Wille sind weitere Voraussetzungen für eine Erklärung als Bahá’í. Dabei ist es weder nötig noch möglich, dass der Neuerklärte schon alle Bahá’í-Prinzipien in seinem täglichen Leben umsetzt.

In vielen Ländern, so auch in Deutschland, wird man durch eine Erklärung in die Bahá’í-Gemeinde aufgenommen. Danach kann der Gläubige an allen Bereichen des Gemeindelebens teilnehmen.

Glauben Bahá’í an Himmel und Hölle?

Nein, nicht im geläufigen Sinne. Alle Seelen sind unsterblich und leben nach dem Tod des Körpers weiter. „Himmel und Hölle sind Zustände unseres eigenen Seins“. „Himmel“ beschreibt dabei den Zustand der Nähe zu Gott, „Hölle“ den des Fernseins von Gott.

„… dass es keine heißere Hölle, keinen feurigeren Abgrund gibt, als einen unzuverlässigen verderbten Charakter.“

(‘Abdul Bahá)

Glauben die Bahá’í an ein Leben nach dem Tod?

Die menschliche Seele lebt nach dem körperlichen Tod weiter, lehrt Bahá’u’lláh. Beim Verlassen des Körpers tritt die Seele in eine weder räumlich noch zeitlich begrenzte Welt ein. Die Angehörigen erleben den Tod häufig als schmerzliches Ende, doch für den Verstorbenen selbst beginnt eine neue, umfassende Entwicklung – er betritt die nächste Daseinsstufe.

Die Bahá’í-Schriften vergleichen das Leben der Seele im Körper mit dem Leben des ungeborenen Kindes im Mutterleib. Aus diesem Vergleich ergeben sich einige Parallelen:

Das ungeborene Kind kann sich die unvergleichlich größere Welt außerhalb des Mutterleibs nicht vorstellen. Entsprechend kann sich der Mensch die nächste Welt nicht vorstellen.

So, wie das Kind bei der Geburt seine beengte Welt verlässt, tritt der Mensch nach dem körperlichen Tod in eine spirituelle Welt ein, befreit von körperlichen Grenzen.

Das Kind im Mutterleib ist der Welt außerhalb ganz nahe, obwohl es sie weder kennt noch versteht. Gleichermaßen lebt der Mensch nicht nur in einer materiellen, sondern auch in einer geistigen Welt, wird von dieser umgeben und auf eine Weise beeinflusst, die er nicht unmittelbar erfassen kann.

Es gibt jedoch Unterschiede zwischen der Entwicklung im Mutterleib und der nach der körperlichen Geburt: Während sich das Kind im Mutterleib durch körperliche Entwicklung auf das irdische Leben vorbereitet, bereitet sich der Mensch während seines gesamten irdischen Lebens auf ein ewiges geistig-spirituelles Leben vor, indem er nach geistiger und moralischer Vervollkommnung strebt. Zudem kann das ungeborene Kind nicht über sein körperliches Wachstum entscheiden. Sobald er körperlich geboren ist, kann der Mensch dagegen zunehmend seine eigene Entwicklung beeinflussen und ist dafür verantwortlich.